
Der Eiweiß-macht-schlank-Mythos
Im Supermarkt sammeln sich “High Protein”-Produkte, durch deren Konsum wir angeblich fit und schlank werden sollen. Diese enthalten dabei weitaus
Über die Artenvielfalt der Bitterstoffe und verklärte Ernährungsmythen. Bitter ist nicht gleich bitter: Bitterstoffe unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Art und Wirkung auf unsere Geschmacksrezeptoren und Organe.
Bitterstoffe vertreiben Müdigkeit, regen unseren Stoffwechsel an und führen uns sanft ins basische Gleichgewicht. Mutter Natur hat vor unseren Augen ein grünes Reservoir an bitteren Heilpflanzen bereitgestellt. Wir müssen nur genauer hinsehen und über die heilenden Eigenschaften der Kräuter-und Pflanzenwelt Bescheid wissen, um diese für unsere Gesundheit nutzen zu lernen. In diesem dritten Teil der Interview-Serie gehen wir mit METANORM® Heilkräuterexpertin Mag. Angelika Pouget weiteren bitteren Wahrheiten auf den Grund und erfahren, warum wir bitterstoffreiche Nahrungsmittel entweder lieben oder hassen.
Im Alltag assoziieren wir die Geschmacksrichtung “bitter” üblicherweise mit der Gruppe
Amara pura. Dabei handelt es sich um Bitterstoffe, welche die Produktion von Verdauungssekreten anregen. Neben der Eigenschaft, Durchblutung und Bewegungen des Verdauungsapparates zu fördern,sind sie auch in der Lage, Genesungsprozesse bei körperlicher und psychischer Schwäche zu unterstützen.
Zu den Amara pura zählen etwa Enzian, Artischocke, Bitterholz, Hopfen, Löwenzahn und Bitterklee.
Beispiele für Amara aromatica sind Wermut, Engelwurz, Schafgarbe, Kalmus, Benediktenkraut und Bitterorangen.
Zu der Gruppe Amara acria zählen beispielsweise Ingwer, Meerrettich, Galgant, Brunnen- und Kapuzinerkresse.
Sie wirken krampflösend, entzündungshemmend und beeinflussen die Schmerz- und Wärmerezeptoren auf unserer Haut und Schleimhaut.
Die letzte Gruppe bildet die Amara mucilaginosa. “Mucilago” kommt aus dem Lateinischen und bedeutet “Schleim”. Hier finden wir also eine Kombination aus bitteren und schleimhaltigen Stoffen, durch die unsere Schleimhäute mit einer Schutzschicht überzogen werden.
Vertreter dieser Art sind zum Beispiel isländisch Moos und Bartflechte, die vor allem in Hustentees enthalten sind.
Laien halten vor allem Chicorée, Endiviensalat sowie Grapefruit oder Pomelo für sehr gute Bitterstoffquellen. Spannenderweise schmecken diese Salat- und Obstsorten heute besser als vor 30 bis 40 Jahren. Das liegt jedoch nicht an unserer größeren Toleranz des bitteren Geschmacks, sondern an der bewussten Züchtung bitterstoffarmer Sorten. Diese schmecken Konsumenten zwar besser, enthalten jedoch weniger gesundheitsfördernde Bitterstoffe.
Wer mehr Bitterstoffe in seinen Speiseplan einbauen möchte, sollte beim Spaziergang in der Natur auf die Vielzahl der Wildkräuter achten. In dieser Zeit können wir beispielsweise Gänseblümchen, Löwenzahn, Wiesenschaumkraut, Schafgarbenblätter, junge Brennesselblätter und Giersch sammeln. Sie lassen sich wunderbar in Suppen, zu Kräutertopfen und Wildkräuter-Gewürzpulver verarbeiten. Wer sich traut, kann sie sogar pur essen!
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Wie bei fast allem gilt auch hier: Die Dosis macht das Gift! Ursprünglich sollten uns Bitterstoffe vor giftigen Pflanzen warnen. Allerdings muss man hier zwischen extremer Bitterkeit tatsächlich giftiger Pflanzen und gemäßigter Bitterkeit essbarer Wildpflanzen unterscheiden. Von Heilpflanzen wie Enzian, Wermut und Tausendgüldenkraut können wir in geringer Dosierung profitieren, in größeren Mengen wären diese jedoch ungenießbar. Idealerweise sollten wir regelmäßig kleinere Portionen von Bitterstoffen zu uns nehmen.
Da beide Pflanzen neben Bitterstoffen noch weitere Inhaltsstoffe aufweisen, gibt es auch bezüglich ihrer Wirkung Unterschiede. Giersch enthält unter anderem ätherische Öle, Hydroxyzimtsäuren, Flavonoide und Carotinoide. Er wirkt in erster Linie harntreibend, blutreinigend, entsäuernd sowie entzündungshemmend und unterstützt Stoffwechsel und Verdauung.
Löwenzahn hingegen enthält zusätzlich zu Bitterstoffen sogenannte Triterpene, Carotinoide, phenolische Verbindungen und Inulin. Damit regt er die Bildung von Verdauungsenzymen an, hilft gegen Blähungen und Völlegefühl und unterstützt – durch Anregung der Gallenproduktion – auch die Fettverdauung. Zudem wirkt sich der Löwenzahn positiv auf unsere Nierentätigkeit aus.
Beide Pflanzen weisen als ein ähnliches Wirkspektrum auf haben jedoch unterschiedliche Schwerpunkte: Giersch wirkt mehr auf die Nierentätigkeit und Löwenzahn auf die Leber- und Verdauungsfunktion.
Fakt ist: Nicht jeder nimmt Bitterstoffe gleichermaßen wahr. Jeder fünfte Europäer reagiert äußerst sensibel auf den bitteren Geschmack. Vielen machen Bitterstoffe hingegen gar nichts aus. Woran aber liegt das? Die Antwort liegt bei den Bitterrezeptoren der Geschmacksknospen auf der Zunge, aber auch in Nase, Nebenhöhlen, Bronchien, Darm und Harnblase.
Für die Entwicklung des Geschmacks sind bei Menschen etwa 50 verschiedene Gene verantwortlich. Das Gen TAS2E38 ist eines von 25 Genen für die Rezeption von bitterem Geschmack und entscheidet darüber, ob wir ein Nahrungsmittel als besonders bitter empfinden.
Je nachdem, in welcher Mutation es vorliegt, nehmen unsere Geschmacksrezeptoren Nahrung sehr bitter oder weniger bitter wahr.
Gewissermaßen ist es also genetisch bedingt, ob wir eine Vorliebe für Bitterstoffe entwickeln oder nicht. Dennoch kann unser Geschmackssinn geschult werden und sich im Laufe der Zeit an Bitterkeit gewöhnen.
Mein persönlicher Favorit ist ein Rezept, das auch bei meinen Kindern sehr beliebt und ganz einfach umzusetzen ist. Wir lieben Kartoffeln mit Petersilie. Wird die Petersilie durch Giersch ersetzt, ist geschmacklich kein Unterschied zu erkennen, aber das frische Unkraut-Wildgemüse punktet neben Vitamin C, Beta Carotin, Kalzium, Magnesium, Eisen und Kupfer auch mit Bitterstoffen. Petersilie enthält grundsätzlich ebenso Bitterstoffe, allerdings aufgrund ihrer Hochzüchtung wesentlich weniger als Wildkräuter.
Ob Amara pura, aromatica, acria oder mucilaginosa: Sie alle vereint ihre heilsame Wirkung auf unsere Verdauung, Leber, Nieren und sogar unsere Psyche. Die warme Jahreszeit sorgt für ein breites Angebot von Heilpflanzen auf den blühenden Wiesen und ist daher ideal für die Ernte von Löwenzahn, Giersch, Brennnessel & Co. Richtig dosiert und zubereitet können Wildkräuter sogar für Bitterstoffverweigerer zu einem bittersüßen Geschmackserlebnis werden. Dass wir durch das Sammeln und die Auseinandersetzung mit den natürlichen Heilpflanzen noch mehr in Kontakt mit uns selbst kommen, ist ein wunderbarer Nebeneffekt. Denn nichts braucht unsere Gesellschaft mehr, als den Kontakt mit der Natur und die sanfte Beschäftigung mit ihren wunderbaren Gaben für unsere Gesundheit.
Im Supermarkt sammeln sich “High Protein”-Produkte, durch deren Konsum wir angeblich fit und schlank werden sollen. Diese enthalten dabei weitaus
Über die unterschätzte Heilkraft des Löwenzahns und die bitteren Folgen eines Bitterstoffmangels. Im Talk, Heilkräuterexpertin Mag. Angelika Pouget.
Als Mag. Angelika Pouget im Kindesalter ihr heißgeliebter Löwenzahnsalat serviert wurde, hatte sie noch keine Ahnung von Inhaltsstoffen oder Begriffen